«Immobilienvermarktung bleibt Vertrauenssache»

Ramona Schiesser im Interview

Ramona Schiesser (27) arbeitet bei der CSL Immobilien AG in Zürich als Teamleiterin und Mandatsverantwortliche im Bereich Wohnen. Sie ist für die Vermarktung, den Verkauf und die Erstvermietung von Wohnimmobilien verantwortlich. Sie sieht die Digitalisierung als Herausforderng aber glaubt aber dennoch, dass die Objektvermarktung Vertrauenssache bleiben wird.

Du hast einen interessanten Werdegang. An welchem Punkt bist du gestartet und wo stehst du heute?

Ursprünglich habe ich bei einer kleinen Immobilienfirma in Winterthur die KV-Lehre mit Berufsmatura in der Bewirtschaftung absolviert. Anschliessend begann ich ein Wirtschaftstudium, merkte jedoch schnell, dass es mich nicht dahin bringen würde, wo ich eigentlich hin wollte. Ich mochte den Kontakt zu Menschen seit jeher und Immobilien zu verkaufen entsprach meinem Berufswunsch. Deshalb brach ich mein Studium ab und hängte stattdessen die Ausbildung zur Immobilienvermarkterin an. Anschliessend konnte ich bei der Wincasa als Junior Vermarkterin einsteigen. Als ich dann zur CSL Immobilien AG wechselte, merkte ich, dass mir insbesondere der Neubauverkauf besonders zusagte. Ich bin nun seit gut vier Jahren bei der CSL Immobilien AG und seit drei Jahren Mandatsverantwortliche in der Vermarktung.

Neben deiner Arbeit als Vermarkterin bist du beim SVIT Young tätig. Was gehört da zu deinem Aufgabenbereich und wie sehen eure Ziele aus?

Ich bin seit Anfang 2017 Teil des SVIT Young, der im Januar 2016 als Plattform für den Immobiliennachwuchs gegründet wurde. Ich unterstütze den Verband als Ressortleiterin im Bereich Berufsbild. Somit organisiere ich, zusammen mit meinen KollegInnen, verschiedene Veranstaltungen, die den Nachwuchs in der Immobilienbranche fördern sollen. Das Ziel des SVIT Young ist es, junge Leute für die Immobilienbranche zu begeistern, da es insbesondere an Bewirtschaftern und Bewirtschafterinnen mangelt. Dazu organisieren wir diverse After Work Apéros, Weiterbildungs­ und Berufsinformationsanlässe. Wir informieren über die Immobilienbranche, die Weiterbildungsmöglichkeiten in der Immobilienwelt und bieten jungen Menschen eine Plattform für ihre Vernetzung und den Austausch untereinander. Wir versuchen die Leute abzuholen und ihnen zu zeigen, wie spannend die Immobilienbranche ist.

Was gefällt dir an deiner aktuellen Position als Mandatsverantwortliche Vermarktung und Teamleiterin bei der CSL ­Immobilien AG besonders gut?

Am liebsten mag ich die Promotion von neuen Wohnprojekten, das heisst der Verkauf ab Plan. Meine Arbeit ist sehr vielfältig und ich bin stets in Kontakt mit Menschen. Die Herausforderung dabei ist es, die neuen Projekte möglichst zielgruppengerecht zu planen bzw. eine Wohnung so zu gestalten, dass sie die Bedürfnisse der zukünftigen Käufer möglichst gut abdecken kann. Das bedingt, die Zielgruppe frühzeitig zu analysieren und deren Bedürfnisse zu erkennen. Ich bin je nach Projekt schon sehr früh Teil des Projektteams, was die anschliessende, zielgruppengerechte Vermarktung um einiges vereinfacht. Teilweise werden wir als Vermarkter schon beim Grundstückskaufentscheid miteinbezogen. Dies erfordert eine frühzeitige Marktanalyse. Dafür nutzen wir Immobilienbewertungstools und die eigenen Kenntnisse über den Markt. Besonders spannend ist die Zusammenarbeit mit vielen Anspruchsgruppen, wie verschiedenen Auftraggebern, Architekten, Generalunternehmern, Käufern und Mietern.

Wo siehst du aktuell Probleme und Herausforderungen in der Immobilienbranche?

Ein wichtiges Thema, das man nicht vergessen darf und immer dran bleiben muss, ist die Digitalisierung. Meine Beobachtung ist, dass wir bei diesem Thema etwas im Rückstand sind in der Immobilienbranche. Seit Kurzem haben wir ein Erstvermietungsprojekt gestartet, bei dem der gesamte Bewerbungsprozess erstmals komplett digital abläuft. Dieser Prozess bringt gewisse Herausforderungen mit sich, da es sowohl für uns als Vermarkter als auch für die Mietinteressenten ein Novum ist, an das man sich gewöhnen muss. Die Digitalisierung nimmt zwar einen Teil der Arbeit ab, verlangt aber gleichzeitig einen gewissen Initialaufwand. Ausserdem stellt sich die Frage, wie es in den nächsten Jahren weitergehen wird. Wie viele von uns wird es noch brauchen? Was wird alles digitalisiert? Wie viel Persönlichkeit braucht es trotz den digitalen Prozessen noch?

«Die Digitalisierung nimmt zwar einen Teil der Arbeit ab, verlangt aber gleichzeitig einen gewissen Initialaufwand.»

Du sprichst die Digitalisierung, die ein grosses Thema in der Immobilienbranche ist, bereits als Herausforderung für die Branche an. Was bedeutet «Digitalisierung» für dich und wie nimmst du dieses Thema in der Immobilienbranche wahr?

Es ist ein grosses Thema unserer Zeit, auch an den Events des SVIT Young spüre ich das stark. Durch die Digitalisierung von Prozessen wird eine Effizienzsteigerung ermöglicht. Dennoch glaube ich, dass in einem Bereich, in dem Vertrauen eine wichtige Rolle spielt, wie beispielsweise bei der Vermarktung einer Immobilie, vorerst nicht alles komplett digitalisiert werden kann. Nichts desto trotz wird es auch den Beruf des Immobilienvermarkters beeinflussen und in gewisser Weise verändern.

Was hat sich durch die Digitalisierung in deiner täglichen Arbeit bereits verändert?

Das grosse Thema in unserer Abteilung ist momentan das angesprochene online­ Bewerbungstool, das wir für die Erstvermietung einer grossen Wohnüberbauung einsetzen. Im Bereich der Vermietung hat sich hinsichtlich der Digitalisierung mit dem neuen Tool bereits etwas getan. Vieles läuft zudem heutzutage nur noch über digitale Wege. Unterlagen werden immer seltener physisch abgelegt. Es ist sicherlich Potential vorhanden, um auch in unserer Branche noch mehr zu digitalisieren, was uns in nächster Zeit weiter beschäftigen wird.

Die Digitalisierung bringt auch Vorteile. Wo siehst du sie für die Immobilienbranche?

Man möchte schneller sein und gleichzeitig den Aufwand gering halten. Die Effizienzsteigerung ist ein wesentlicher Vorteil, den die Digitalisierung in der Immobilienbranche ermöglicht. Die Handhabung der Tools wird einfacher und auch von Seiten unserer Kunden wird der gesamte Wohnungsvermietungsprozess und die Vermarktung vereinfacht.

«Die Effizienzsteigerung ist ein wesentlicher Vorteil, den die Digitalisierung in der Immobilienbranche ermöglicht.»

Wo siehst du Probleme und Herausforderungen in Bezug auf die Digitalisierung in der Immobilienbranche in der längerfristigen Zukunft?

Es kommt ganz darauf an, wie weit es gehen wird. Durch die Digitalisierung kann Arbeit abgenommen werden. Das kann wiederum einen Einfluss auf das Personalmanagement haben, da digitalisierte Prozesse sehr viel abdecken können. Vor allem auch in der Bewirtschaftung könnten viele Prozesse digitalisiert werden, wenn man nur schon an die Möglichkeit von Wohnungsübergaben durch Roboter denkt. Wir bewegen uns in einer Blackbox und können die kommenden Veränderungen momentan schwer einschätzen. Grundsätzlich glaube ich, dass zukünftig gewisse Prozesse optimiert werden können. An einen Immobilienverkauf komplett ohne persönlichen Kontakt glaube ich jedoch nicht, da es eine grosse Vertrauensfrage ist.

Vielen Dank für das interessante Gespräch, Ramona Schiesser und weiterhin viel Erfolg.