“Altersvorsorge? Ich bin noch jung, das hat noch Zeit.”

Was uns unser Finanzexperte zur Altersvorsorge rät

Das erste Mal auf eigenen Beinen zu stehen ist ein tolles Gefühl! Man ist jung und von grauen Haaren noch weit entfernt. Viele junge Leute haben dementsprechend auch keine Lust, sich schon mit dem Thema Altersvorsorge zu beschäftigen. Doch ab wann macht es Sinn, sich damit zu befassen und auch zu beginnen? Wir haben uns mit diesen und weiteren Fragen rund um das Thema Altersvorsorge an einen Finanzexperten gewandt. Marco Russi ist Inhaber der Russi Finanzberatung GmbH mit Firmensitz in Chur.

Herr Russi, die meisten unserer Kunden sind zwischen 25 und 35 Jahre jung. Kann das Thema Altersvorsorge bei ihnen noch warten?

Die allgemeine Lebenserwartung steigt stetig. Gleichzeitig ist aus der ersten und zweiten Säule, der AHV und Pensionskasse, nach der Pensionierung immer weniger Geld zu erwarten. Es ist daher wichtig und absolut sinnvoll, schon früh in die Altersvorsorge zu investieren. Sobald man einen Lohn und “ein bisschen Luft” hat, sollte man deshalb mit den Einlagen in die private und freiwillige Säule 3a beginnen. Je früher, desto besser.

Was spricht dagegen, die Investitionen ein paar Jahre aufzuschieben und sie dann nachzuholen, wenn man Lust dazu hat?

Im Gegensatz zu den Einzahlungen in die Pensionskasse, können jene in die Säule 3a nicht nachgeholt werden. Einzahlungslücken bleiben also bestehen. Dies liegt an der Limite der Betragshöhe, die man pro Jahr einzahlen kann. Zu voreilig sollte man aber mit der Investition in die Säule 3a dennoch nicht sein. Es soll nur das eingezahlt werden, was auch wirklich entbehrt werden kann. Am besten hat man eine Reserve von etwa zwei bis drei Monatslöhnen. Man sollte selbstverständlich auch noch in der Lage sein, die Steuern zahlen zu können. Mein Tipp: wenn man jeden Monat einen bestimmten Betrag zur Seite legt und diesen bis Ende des Jahres nicht gebraucht hat (Steuern müssen bezahlt sein), kann man diesen Betrag auf das 3a-Konto legen. Wenn man seine Ausgaben genau kennt, kann auch ein monatlicher Dauerauftrag auf das Säule 3a-Konto eine sinnvolle Variante sein.

Ist es so, dass Investitionen in die Säule 3a erst im hohen Alter Früchte tragen?

Nein, ein Ansporn für Investitionen in die Säule 3a sind auch die unmittelbaren Steuerersparnisse, von denen man profitiert. Ich möchte das an einem konkreten Beispiel veranschaulichen: Ein junger Mensch, der ein steuerbares Einkommen von 50’000 CHF hat, zahlt den für ihn maximal möglichen Betrag von 6’768 CHF p.a. in die Säule 3a ein. Die Person spart jährlich 1’260 CHF Steuern. Bei einem steuerbaren Einkommen von 70’000 CHF, würde die Person 1’450 CHF Steuern einsparen (Basis für die Berechnung: Alleinstehend, reformiert, wohnhaft in 8000 Zürich).

Das klingt alles sehr vorteilhaft. Kann die dritte Säule auch Nachteile mit sich bringen?

Jein. Als Nachteil kann die Tatsache gesehen werden, dass grundsätzlich ein Vorbezug aus der Säule 3a nicht möglich ist. Die Einlagen sind für’s Alter blockiert. Allerdings wird für gewisse Situationen eine Ausnahme gewährt und zwar in folgenden Situationen:

  • Erwerb von selbstbewohntem Wohneigentum

  • Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit

  • Auswanderung aus der Schweiz

  • Eintreten von Invalidität

Nun zur wohl wichtigsten Frage – wieviel soll man in die dritte Säule einzahlen?

Erwerbstätige können einen bestimmten Betrag pro Jahr auf das Vorsorgekonto 3a einzahlen. Es wird zwischen zwei Fällen unterschieden: Personen, welche keiner Vorsorgeeinrichtung (Pensionskasse) angeschlossen sind (meist sind das Selbstständigerwerbende) und Personen, welche einer Pensionskasse angeschlossen sind (i.d.R. sind das Angestellte). Im ersten Fall kann ein höherer Beitrag einbezahlt werden. Die genaue Beitragshöhe wird regelmässig geprüft und gegebenenfalls angepasst. So dürfen in diesem Jahr Angestellte, welche einer Pensionskasse angehören, bis zu 6’768 CHF in die Säule 3a einzahlen. Selbstständigerwerbende, welche keiner Pensionskasse angehören, dürfen 2018 bis zu 20% ihres jährlichen Nettoerwerbseinkommens und maximal 33’840 CHF einzahlen.

Die jährliche Beitragshöhe für 3a ist also begrenzt. Was aber, wenn man trotzdem mehr in seine Altersvorsorge investieren möchte?

In dieser Situation sind einem glücklicherweise nicht die Hände gebunden. Man kann in diesem Fall in die Säule 3b investieren - die Säule zum freien Sparen (z.B. Sparkonto, Wertschriftendepot usw.). Im Unterschied zur Säule 3a können diese Sparbeiträge jedoch nicht steuerlich in Abzug gebracht werden. Dieser zusätzliche Sparprozess macht vor allem für jene Sinn, welche sich einen hohen Lebensstandard gewöhnt sind und diesen auch im höheren Alter beibehalten möchten. Säule 3b wird ebenfalls wichtig, wenn jemand einen sehr guten Lohn hat, seine Pensionskasse jedoch nur das Minimum versichert (Pensionskassen sind sehr unterschiedlich ausgestaltet). Dieses zusätzlich angesparte Kapital bietet Flexibilität im Alter, steht aber auch für grössere Anschaffungen vor der Pensionierung zur Verfügung.

Jetzt stellt sich nur noch die Frage – wo kann man für die dritte Säule anlegen?

Es bieten sich entweder Lösungen bei einer Bank, einer Versicherung oder einem reinen Online-Anbieter an. Entscheidet man sich für ein Versicherungsangebot, wird die Altersvorsorge mit einer Versicherung gegen Tod oder Invalidität kombiniert. Ein Teil des Betrags ist also für die Risikodeckung, der andere fürs Sparen. Ich empfehle diese Lösung aber nicht für junge, alleinstehende Leute ohne Kinder. Es besteht in diesem Fall wahrscheinlich kein Bedarf für eine zusätzliche Risikodeckung. Empfehlenswerter ist in dieser Situation eine Banklösung. Auch einen Teil der Investitionen in Wertschriften anzulegen ist langfristig sinnvoll. Damit lässt sich auf lange Sicht mehr Rendite erzielen. Allerdings muss man sich dabei der Risiken, welche man eingeht, bewusst sein.

Es ist zudem empfehlenswert, nicht alles auf einem Säule 3a-Gefäss anzusparen. Wenn auf dem bisherigen rund 50’000 CHF angespart wurden, ist es sinnvoller, jeweils ein neues Konto zu eröffnen. So können die Steuerfolgen dieser Bezüge optimiert werden.

Herr Russi, vielen Dank für das informative und nette Gespräch.

Unser Fazit: Wenn man in einem Alter zwischen 25 und 35 Jahren beginnt in die Säule 3a einzuzahlen und gegebenenfalls sogar noch separat etwas zur Seite legt (Säule 3b), macht man schon sehr vieles richtig. Nichtsdestotrotz muss man es sich gut überlegen und genügend Reserve haben, da die Einlagen der Säule 3a ausser in den vorhin genannten Ausnahmefällen blockiert sind.