Einfach digitalisieren – oder?

Ein Formular vom Analogen ins Digitale überführen: eine einfache Sache, könnte man meinen. Beim Bewerbungsformular für Wohnungen ist dies definitiv nicht der Fall, wie unsere Erfahrungen zeigen. 

Einfach digitalisieren

Dieser Artikel ist in der März-Ausgabe des Magazins Immobilia, dem Verbandsorgan des SVIT Schweiz, erschienen.

Internet of Things (IoT), Virtual Reality oder künstliche Intelligenz: dies sind die grossen Schlagworte, die viele mit der Digitalisierung verbinden und die manchem Respekt einflössen. Auch weil viele von uns gar nicht erst verstehen, was mit den Schlagworten genau gemeint ist. Digitalisierung besteht jedoch nicht nur aus solch hochkomplexen Themen. Digitalisierung bedeutet ganz einfach auch, bestehende, analoge Prozesse in eine digitale Welt zu überführen.

Die letzte, grosse Bastion der analogen Welt in der Immobilienbranche ist das Anmeldeformular für Mietinteressenten. Noch immer wird bei einem grossen Teil der Wohnungsbesichtigungen ein Blatt Papier verteilt, das dann – von Wohnungssuchenden von Hand ausgefüllt – zusammen mit dem Ausdruck des Betreibungsregisterauszugs per Post an die Verwaltung geschickt wird. Bei der Verwaltung wiederum beschäftigen sich die Bewirtschafter mit der Sichtung und der Integration der erhaltenen Dokumente in die bestehenden, digitalen Verwaltungssysteme. Ein grosser Zeitaufwand auf beiden Seiten, der mit Hilfe der Digitalisierung reduziert werden kann. Bei flatfox wurden von professionellen Verwaltungen insgesamt bereits über 20'000 digitale Bewerbungen entgegengenommen. Die Zahl hat sich in einem Jahr mehr als verdreifacht. Was wir gelernt haben: der Weg zur Digitalisierung darf nicht unterschätzt werden. Wir möchten Ihnen Einblick in drei Erkenntnisse geben, die wir in den letzten Jahren mit der Digitalisierung des Vermietungsprozesses gewonnen haben:

1. Der Mehrwert aus der Digitalisierung folgt später

Anhand des digitalen Anmeldeformulars erreicht die Bewerbung die Verwaltung schneller, die Daten der ausgewählten Bewerber werden in den bestehenden Verwaltungssystemen abgebildet, analysiert und die richtigen Vorschläge für die Vertragserfassung generiert. Zu Beginn waren wir uns dem vollen Ausmass der Komplexität zu wenig bewusst. Während der Umstellung muss sogar mit einem höheren Aufwand gerechnet werden, da temporär Arbeiten analog und digital doppelt laufen. Dies wird über längere Zeit der Fall sein. Es lohnt sich, ein starkes Augenmerk auf das Change Management innerhalb der Firma zu richten. Eine Umstellung der gewohnten Abläufe erfordert, die Mitarbeitenden eng zu begleiten und in den Prozess miteinzubeziehen. Auch sind meistens weitere interne Systemumstellungen nötig.

Es hilft, wenn die Umsetzung konsequent und motiviert, initiiert und gestützt durch das oberste Management, abläuft. Ein Effizienzgewinn lässt sich nicht konkret in Frankenbeträgen oder Minuten ausdrücken und wäre es auch erst, wenn der digitale Prozess wirklich konsequent von A bis Z durchgezogen wird. Kürzlich haben wir unter allen Bewirtschaftern, die mit flatfox arbeiten, eine Umfrage durchgeführt. 83% haben geantwortet, dass der digitale Bewerbungsprozess ihren Arbeitsprozess verbessert hat. Und die Masterarbeit eines Studierenden der Universität Zürich zeigt, dass ein Mitarbeiter eines Immobilienunternehmens, der den digitalen Vermietungsprozess von flatfox einhält, im Mittel eine um 10.4% kürzere Durchlaufzeit hat, als jemand, der ihn nicht einhält. Die Durchlaufzeit beschreibt die Zeit von der Insertion des Inserats bis zum Mietvertragsabschluss. Bei mit flatfox arbeitenden Verwaltungen laufen aktuell im Mittel 40% der Bewerbungen komplett digital ab. Dies ist immer noch weniger als die Hälfte und der Mehrwert dabei noch bescheiden. Die Entwicklung zeigt aber nach oben und schon bald wird bei der ersten Verwaltung die Mehrheit aller Bewerbungen digital ablaufen.

2. Simpel ist nicht gleich einfach – Anforderungen an das digitale Anmeldeformular

Lange haben wir an einem standardisierten Formular festgehalten, da wir dachten, dass dies für Interessenten wie für Inserenten einfacher sei. Wir waren der Überzeugung, dass mehr Felder auch mehr Aufwand bei den Verwaltungen bedeutet, was die Datenqualität, die Pflege oder auch die Prüfung der Daten betrifft. Und der Interessent kann sein Formular nicht wiederverwenden. Jedoch waren die Anforderungen an das Formular einfach zu divers. Die einen Verwaltungen forderten zum Beispiel ein Foto des Haustiers und andere wollten die Risthöhe erheben.

Die Anforderungen an ein Formular sind nicht zu unterschätzen. Mehr Felder bedeuten weniger Bewerbungen und umgekehrt bedeuten weniger Felder mehr Bewerbungen. Der Datenschutz ist ein weiteres Thema, auf das Augenmerk gelegt werden muss. Im Umfeld von steigendem Leerstand findet nun vermehrt eine Fokussierung auf die Kundenfreundlichkeit und die Zufriedenheit der Mieter statt. Ein Umdenken in diese Richtung konnten wir bei vielen Verwaltungen bereits feststellen. Trotzdem haben wir uns von der Standardisierung verabschiedet und bieten nun einen Kompromiss von einfach und konfigurierbar an, je nach Objekttyp. Wir hoffen trotzdem, die Verwaltungen werden für die Interessenten knappe Anmeldeformulare kreieren.

3. Mobile-Entwicklung überrascht – Digitale Bewerbungen von unterwegs

Die Internetnutzung läuft bereits bei 93% der Schweizer Bevölkerung v.a. für die Kommunikation über Mobile ab (gem. Media Use Index 2018). Es überrascht daher nicht, dass die Bewirtschafter in unserer Umfrage den grössten Mehrwert – neben dem digitalen Formular – bei der Kommunikation mit den Interessenten sehen, die bei flatfox an WhatsApp angelehnt ist.

Dieser Trend lässt sich auch anhand des digitalen Anmeldeformulars feststellen. Im Jahr 2018 (2019) wurden über 19'000 (5'000) digitale Bewerbungen eingereicht. Die Mobile-Nutzung steigt also markant.

Die Zahlen zeigen, dass immer mehr User direkt nach der Besichtigung den QR-Code mit dem Mobiltelefon scannen, sich das Anmeldeformular anschauen oder sogar erste Daten erfassen. Das Formular wird dann Zuhause fertig ausgefüllt. Insbesondere, seit die Smartphone Hersteller das Scannen des QR-Codes in die Kamera integriert haben, wird dieser zu einem äusserst spannenden Mittel.

Fazit: Mobile besser ausschöpfen

Die letzten Jahre waren eine spannende und überraschend lehrreiche Zeit. Unsere tägliche Herausforderung ist es, das Erarbeitete zusammen mit den Kunden noch besser zu machen. Das Ziel ist die Erhöhung des Anteils der digitalen Vermietungen auf über 60%. Wir werden weiterhin selbstkritisch Bestehendes in Frage stellen und Entscheide, falls nötig, auch wieder umkrempeln. Und das grosse Potential von Mobile wollen wir besser verstehen und ausschöpfen. Mit einem Ziel: die Mehrheit der Neu- und Wiedervermietungen in der Schweiz läuft digital ab.